Interview mit Merle Zirk über Krebs, Yoga und Lebensfreude

Merle Zirk ist mit 30 Jahren an fortgeschrittenem Gebärmutterhalskrebs erkrankt. Nach Operation und Chemotherapie hat sie in Eigeninitiative recherchiert wie sie die Heilung ihres Körpers unterstützen kann. Merle hat sich für einen ganzheitlichen Weg entschieden, der Yoga, vegane Ernährung und Körpertherapie beinhaltet.
Inzwischen ist sie wieder gesund und arbeitet als vegan Ernährungsberaterin, hält Vorträge und bietet Workshops an. Außerdem organisiert sie mit Samira Ben HamoudaRecovery Retreats, die Yoga, Ernährung und Körpertherapie verbinden.
Interview mit Merle Zirk
Du hast durch deine Krebserkrankung eine schwierige Zeit hinter dir. Wie geht es dir jetzt?
Momentan geht es mir wirklich gut. Es gibt immer wieder Zipperlein, also diverse Schmerzen im Körper und geschwollene Beine (durch die Lymphknotenentnahme bei der OP), aber alles in allem kann ich sagen, dass es mir meistens richtig gut geht.
Dafür tue ich natürlich viel, von regelmäßiger Lymphdrainage (1-2x in der Woche), über Bewegung, Ernährung, Seelenarbeit bis hin zur Unterstützung meines Immunsystems durch Supplemente – für mich gehört das alles zusammen.
Mir ist aufgefallen, dass du auf deine Gesundheit bezogen, stark die Eigenverantwortung ins Spiel bringst und nicht ausschließlich auf die Schulmedizin vertraust. Worauf achtest du besonders, was ist dir wichtig?
Die Schulmedizin heißt ja auch die ‚moderne Medizin‘. Sie arbeitet oft sehr symptombezogen und invasiv. Irgendwann ist mir aufgefallen, dass der Impuls ob ich eine Untersuchung machen möchte aus mir heraus kommen muss und ich nicht nur mehr den Ärzten folge, quasi ohne zweite ‚innere Prüfung‘.
Mir ist es sehr wichtig geworden, intensiver auf meinen Körper und dessen Signale zu hören. Ich möchte ihm geben, was er braucht – neben klassischer Medizin. Die pflanzliche Ernährung war da ein Schlüsselfaktor. Aber auch Entspannung, Ruhe und Geborgenheit sind in meinem Leben unersetzlich geworden. Hier lade ich auf und stärke mein Immunsystem.
Deine Lieblings-Yogaklasse ist Samiras Yoganomaden-Klasse. Was gefällt dir besonders daran?
Bei Samira’s Yogastunden wird genau das angesprochen, was ich suche und brauche. Samira hat eine Gabe, mit Menschen umzugehen und sie zu führen, die ich einmalig finde. Beim ersten Recovery Retreat auf Mallorca hat man bei unseren Teilnehmerinnen ab der ersten Stunde an gespürt, wie sie mitten ins Herz trifft. Auch wenn Samira’s Yoganomaden-Stunden sehr wohl fordernd und kraftvoll sein können sind sie gleichzeitig intuitiv, liebevoll und nährend. Samira gestaltet die Stunden für Menschen, die besondere Fürsorge benötigen, nach deren Bedürfnissen
Worauf sollte man als Krebspatient beim Yoga achten?
Auch hier geht es ganz klar wieder um das Spüren des eigenen Körpers. Meiner Meinung nach ist es besonders wichtig, zu prüfen ob die Asana (Yoga Pose) auch für mich passt. Durch Operationsnarben, Lymphödeme oder andere körperliche Probleme können Ängste und Schmerzen auftreten.
Bei allem Anspruch an sich selbst, sollte Yoga unterstützen und das Vertrauen in den eigenen Körper (wieder) aufbauen. Überzogene Strenge oder sich selbst etwas beweisen zu wollen, finde ich unangebracht.
Du und Samira veranstaltet Recovery Retreats, die sich an Frauen mit oder nach Krebs richten, bzw. an Alle die sich aktiv erholen möchten. Was macht diese Retreats aus?
Die Retreats sind voller Lebensfreude. Wir haben uns, zusammen mit Eva-Maria, einer Körpertherapeutin ein Programm ausgedacht, das die verschiedenen Sinne anspricht. Es gibt immer veganes Essen, grüne Smoothies und Säfte, Samiras Yogastunden, aber auch Gruppen-Körpertherapie. Eine wundervolle Umgebung hilft uns, uns ganz auf uns konzentrieren zu können und die Seele zu nähren und Lebensenergie zu tanken.
Beim kommenden Retreat an der Ostsee vom 20. bis 26. August sind nicht nur Menschen mit und nach Krebs angesprochen, sondern tatsächlich jede und jeder, der eine Auszeit vom Alltag braucht, der andere körperliche Probleme oder zu viel Stress hat, trauert oder einfach neue Impulse für ein gesundes, glückliches Leben sucht.
Wie sieht ein typischer Recovery-Retreat-Tag bei euch aus?
Wir starten den Tag basisch mit heißem Zitronenwasser und einen grünen Drink. Dann gibt es Programm. Meistens gibt es eine morgendliche Yogastunde oder eine Meditation, danach frühstücken wir. Später gibt es einen gesunden Mittagssnack und freie Zeit zum Nichtstun, Lesen, spazieren gehen, ans Meer gehen, etc.
An zwei Tagen halte ich einen Vortrag zu gesundem Lebensstil mit bestimmten Themen und an drei Tagen gibt es Körpertherapie mit Eva-Maria. Nach einem gemeinsamen Abendessen fallen wir meistens alle richtig müde ins Bett.
Du hast dich auf Ernährungsberatung spezialisiert. Warum ist das Thema für dich so wichtig geworden?
Ich habe am eigenen Körper erlebt, was bestimmte ernährungsspezifische Entscheidungen nach sich bringen. Meine Neurodermitis ist verschwunden, als ich die Milch aus meinem Leben warf und auch meine Wassereinlagerungen in den Beinen und Füßen wurde viel, viel besser. Ich fühle mich leichter ohne Käse und weiß, dass ich ohne Fisch weniger Schwermetalle und anderes Gift aufnehme.
Die Ernährung war bei mir der Anfang von so vielem. Mittlerweile achte ich darauf, was für Wasser ich trinke, dass ich Bio Gemüse & Obst kaufe, dass meine Kleidung fair und nachhaltig hergestellt wird, usw. … sich mit Ernährung zu beschäftigen, öffnet die Augen für so vieles.
Du teilst deine Erfahrungen mit Menschen, die ebenfalls an Krebs erkrankt sind oder waren. Was ist das Wichtigste, was du diesen Menschen mit auf den Weg geben möchtest?
Ich möchte den Menschen mit auf den Weg geben, dass sie nicht den Glauben in ihre eigene Stärke und Kraft verlieren sollen. Ich versuche dahingehend einzuwirken, dass ihre Gedanken es zulassen, dass auch eine so schwerwiegende und schlimme Erfahrung die Möglichkeit beinhaltet, daraus zu wachsen. Viel zu recherchieren, Augen und Ohren offen zu halten, sich eine gute Menschenkenntnis anzueignen, das eigene Leben und mögliche ‚Störfelder’ genau anzusehen und daraufhin gesunde, nachhaltige Entscheidungen zu treffen und weit über die Schulmedizin hinaus die Fühler auszustrecken – das ist in meinem Leben essentiell geworden. Ich hoffe, ich kann Menschen vermitteln ihren eigenen Weg mit der Erkrankung zu finden. Und vielleicht gehe ich in dem einen oder anderen Thema hilfreich voraus.
Da bin ich mir ganz sicher! Vielen Dank für das wunderbare Gespräch liebe Merle!
Wenn du mehr über Merle wissen möchtest: Das ist ihr Blog!
Recovery Retreat an der Ostsee vom 20.08.16 bis 26.08.16
Ernährungsworkshops, Yoga, Körpertherapie und Wildkräuterwanderung. Alles über das Recovery Retreat erfährst du HIER!
Liebe Pedi,
ich selbst hatte keinen Krebs und war bisher auch in keiner vergleichbaren Situation. Allerdings hat auch mein Leben einige Veränderungen mit sich gebracht. Und da Yoga und Leben sehr eng zusammen hängen und im weitesten Sinne sogar Eins sind/sein können verändert sich mit dem Leben auch das Yoga. Je nach Lebenslage und manchmal auch Tagesform, kann meine Yogapraxis sehr unterschiedlich aussehen.
Ich würde dich daher gerne dazu ermutigen neugierig zu bleiben und (angepasst an deinen gesundheitlichen Zustand) Verschiedenes auszuprobieren. Wie sah deine Yogapraxis denn vor deiner Erkrankung aus? Vielleicht probierst du mal einen neuen Yogastil oder einen neuen Yogalehrer aus. Evl. musst du Haltungen modifizieren. Ebenso kann es spannend sein verschiedene Formen der Meditation kennenzulernen oder etwas ganz Neues wie Qi Gong oder Körpertherapie auszuprobieren.
Wenn du möchtest frag Merle (http://happygoluckyme.com) nach ihren Erfahrungen. Sie kann dir bestimmt einige hilfreiche Tipps geben!
Ohne es selbst erfahren zu haben könnte ich mir vorstellen, dass eine schwere Krankheit dazu führt, dass man sich innerhalb kurzer Zeit sehr verändert, bzw. anders wahrnimmt. Nimm dir genügend Zeit dich und deinen Körper neu zu entdecken und kennenzulernen. Ich hoffe ich konnte dir ein wenig helfen 🙂
Herzlichst Bérénice von My Yoga Guide
Guten Abend. Ich habe vor meiner Krebserkrankung täglich Yoga gemacht. Jetzt hab ich den Faden völlig verloren. Mein Yoga verspricht mir nicht mehr das, was es vorher getan hat. Ich komm da überhaupt nicht mehr rein. Wie geht man mit so etwas um? Man liest ja nur sozusagen „Erfolgsgeschichten“…